Alles über Sepsis

Sepsis – erklärt anhand von 10 gängigen Irrtümern

Sepsis – umgangssprachlich auch Blutvergiftung genannt – entsteht, wenn das Immunsystem überreagiert und nicht nur die eingedrungenen Krankheitserreger bekämpft, sondern dabei auch körpereigenes Gewebe und Organe angreift. Bleibt die Erkrankung unerkannt oder wird sie nicht rechtzeitig behandelt, kann es zu einem Kreislaufschock und Multiorganversagen kommen. Ohne medizinische Hilfe verläuft eine Sepsis immer tödlich.

Irrtum1: Eine Sepsis erkennt man daran, dass sich eine rote Linie auf der Haut Richtung Herz zieht

Richtig ist jedoch: Eine rote Linie unter der Haut entlang einer Vene ist oft ein Zeichen einer Lymphangitis (Entzündung der Lymphgefäße), nicht einer Sepsis. Zwar kann eine Lymphangitis zu einer Sepsis führen, aber die rote Linie selbst ist kein sicheres Zeichen für eine Sepsis.

Warnzeichen einer Sepsis:

  • Fieber oder Unterkühlung
  • starke Schmerzen oder Schmerzen an einer Infektionsstelle
  • plötzlich starke Schwäche, rasche Verschlechterung des Allgemeinzustands
  • Verwirrtheit oder Benommenheit
  • Schnelle Atmung oder Kurzatmigkeit, schneller Puls
  • Niedriger Blutdruck
  • blasse oder fleckige Haut
  • Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
  • wenig oder kein Urin

Weil Sepsis immer durch eine Infektion ausgelöst wird und deshalb meist mit Fieber einhergeht, wird sie selbst von medizinischem Personal oft mit einer Erkältung oder Grippe verwechselt. Aber auch ohne Fieber kann es eine Sepsis sein!

 

Irrtum 2: Sepsis betrifft nur ältere oder kranke Menschen

Richtig ist jedoch: Auch junge, gesunde Menschen können eine Sepsis entwickeln, z. B. nach Infektionen, Verletzungen oder Operationen.

Bestimmte Menschen haben jedoch ein erhöhtes Risiko. Dazu gehören:

  • Menschen über 60 Jahre
  • Neu-/Frühgeborene und Kinder
  • Menschen mit Erkrankungen der Lunge, Leber, Niere oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Menschen mit Immunschwäche, z.B. bei Krebs, AIDS, Diabetes
  • Menschen ohne Milz
  • Schwangere Frauen und Mütter nach der Geburt
  • Menschen, die abhängig von Drogen und Alkohol sind
  • Menschen, bei denen eine Operation noch nicht lange her ist (unter 4 Wochen)
  • Menschen mit einer künstlichen Herzklappe oder GelenkenMenschen, die schon einmal an einer Sepsis erkrankt waren

 

Irrtum 3: Sepsis ist nur eine schwere Blutvergiftung

Richtig ist jedoch: Sepsis ist eine Überreaktion des Immunsystems auf eine Infektion, die zu Organversagen und Tod führen kann. Der Begriff ist irreführend, weil das Blut nicht direkt vergiftet wird. Vielmehr gelangen dabei meist Bakterien (aber auch Viren oder Pilze) in den Blutkreislauf, was zu einer Entzündungsreaktion im gesamten Körper führt – es wird nicht nur der eigentliche Infektherd bekämpft, sondern auch alle anderen Organe.

Irrtum 4: Sepsis ist eine seltene Krankheit

Richtig ist jedoch: Sepsis ist viel häufiger, als viele denken. In Deutschland erkranken jährlich etwa 250.000 Menschen daran. Mit fatalen Folgen: An Sepsis sterben doppelt so viele Menschen im Krankenhaus wie an Schlaganfall und Herzinfarkt zusammen. Alle 2,8 Sekunden stirbt weltweit ein Mensch an Sepsis.

Irrtum 5: Sepsis entsteht nur durch offene Wunden

Richtig ist jedoch: Sepsis kann durch jede Infektion ausgelöst werden – egal, ob viral oder bakteriell

Die häufigsten Ursachen sind Lungenentzündungen, gefolgt von Entzündungen im Bauchraum und in den Harnwegen. Am häufigsten führen Infektionen mit Bakterien zu einer Sepsis. Aber auch Viren, Pilze und Parasiten können eine Infektion auslösen, die wiederum in einer Sepsis münden kann. Deshalb kann eine Grippe oder Magen-Darm-Infektion, ebenso wie Verunreinigungen einer offenen Wunde oder nach einem Insektenstich die Ursache sein.

Irrtum 6: Sepsis kann mit Hausmitteln oder rezeptfreien Medikamenten behandelt werden

Richtig ist jedoch: Sepsis ist eine Notfallsituation, die eine sofortige, intensive medizinische Behandlung erfordert – immer im Krankenhaus, in schwereren Fällen auch auf der Intensivstation.

Bei der Aufnahme wird zunächst Blut abgenommen, um den auslösenden Erreger zu bestimmen und die Funktionsfähigkeit lebenswichtiger Organe und des Herz-Kreislauf-Systems zu bestimmen. Da die Bestimmung der Erreger aus dem Blut mehrere Tage dauern kann, wird sofort ein Breitbandantibiotikum intravenös verabreicht. Auch die Verabreichung weiterer Medikamente, Sauerstoff oder eine Operation am Infektherd sind möglich.

Irrtum 7: Wer eine Sepsis überlebt, ist danach wieder völlig gesund

Richtig ist jedoch: Viele Sepsis-Überlebende leiden unter dem Post-Sepsis-Syndrom, das Langzeitfolgen wie chronische Erschöpfung, Konzentrationsprobleme oder Nervenschäden mit sich bringen kann.

Irrtum 8: Sepsis ist nicht besonders gefährlich, wenn man sie behandelt

Richtig ist jedoch: Sepsis ist ein medizinischer Notfall! Ohne schnelle Behandlung (innerhalb weniger Stunden) kann sie zu bleibenden Schäden oder dem Tod führen.

Irrtum 9: Eine Impfung gegen Sepsis gibt es nicht

Richtig ist jedoch: Es gibt keine Sepsis-Impfung, aber Impfungen gegen häufige Auslöser wie Pneumokokken, Meningokokken oder Grippe können das Risiko verringern.

Irrtum 10: Sepsis ist unvermeidbar

Richtig ist jedoch: Gute Hygiene, Impfungen und rechtzeitige Behandlung von Infektionen können viele Sepsisfälle verhindern.

Fazit: Sepsis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die schnell behandelt werden muss. Wer die Symptome kennt, kann Leben retten!

Leben nach Sepsis

Wenn Sepsis-Patienten aus dem Krankenhaus entlassen werden, sind sie zwar entlassen, aber meist bei Weitem nicht geheilt, erklärt Dr. med. Michael Booke, Chefarzt der Varisano-Kliniken. „Sie sind nicht wieder da, wo sie vor der Sepsis einmal standen, nämlich mitten im Leben.“ Denn die Organe können sich nach der Erkrankung zwar erholen, aber verfügen oft nicht mehr über die ursprüngliche Qualität. So erleiden rund 75 Prozent der Betroffenen Spätfolgen. Diese können sehr vielfältig sein und sich auch erst Jahre nach einer Sepsis zeigen. Das können sein: Eingeschränkte Nieren- und Lungenfunktion, Konzentrationsprobleme, Seh- und Sprachstörungen, Probleme mit dem Gleichgewicht, Schlafstörungen und Müdigkeit. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf das Berufsleben sowie den Alltag haben und den Bedarf an Langzeitpflege nach sich ziehen.

Viele Patienten, die eine Sepsis überstanden haben, berichten, dass sich ihr Leben für immer verändert hat. Je länger Sie auf der Intensivstation behandelt werden mussten, desto länger kann es dauern, bestimmte Fähigkeiten wie zum Beispiel Atmen, Laufen oder Essen zurückzugewinnen. Beginnen Sie deshalb mit kleinen Schritten. Steigern Sie Ihre Aktivitäten langsam, aber kontinuierlich. Haben Sie Geduld mit sich. Lassen Sie Ihrem Körper Zeit, wieder Kraft aufzubauen und Ihrer Psyche Ruhe, sich an die neue Situation zu gewöhnen.

Sprechen Sie mit Ihren Ärztinnen und Ärzten bzw. dem Krankenhauspersonal, um eine (Früh-)Rehabilitation, Physiotherapie oder Ergotherapie in Anspruch zu nehmen. Hier erhalten Sie professionelle Unterstützung bei der Wiedererlangung Ihrer Selbständigkeit.

Sie können auch psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, um die traumatischen Erfahrungen während der Sepsis und die Folgen, wie zum Beispiel den Verlust von Gliedmaßen oder die schwerwiegenden Einschränkungen im Alltag zu verarbeiten.

Auch der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein. Gerne unterstützen wir Sie dabei und vermitteln den passenden Kontakt – sprechen Sie uns einfach an.

Ursachen, Symptome und Behandlung

Die typischen Sepsis-Symptome sind nicht spezifisch. Sie können auch Hinweis auf andere akut lebensbedrohliche Erkrankungen sein. Doch die Bedrohlichkeit dieser Symptome ist Betroffenen und dem medizinischen Personal zu wenig bekannt. Weil Sepsis immer durch eine Infektion ausgelöst wird und deshalb meist mit Fieber und manchmal auch mit Schüttelfrost einhergeht, wird diese vom medizinischen Personal oft mit einer Erkältung oder Grippe verwechselt. Dadurch geht bis zur richtigen Diagnose wertvolle Zeit verloren. Machen Sie den Sepsis-Check!

Frühzeichen, auf die Sie achten sollten, sind:
  • ein nie gekanntes schweres Krankheitsgefühl
  • Müdigkeit, Apathie
  • Plötzlich auftretende Verwirrtheit
  • Schnelle, schwere Atmung
  • Eine erhöhte Pulsrate
  • Stark gesunkener, bzw. niedriger Blutdruck
  • Kalte, fleckige Haut an Armen/Beinen

Auch ohne Fieber kann es eine Sepsis sein. Wenn zudem Anzeichen einer Infektion (z.B. der Haut, der Lunge, der Harnwege) vorliegen, sollte man an Sepsis denken und sofort medizinische Hilfe suchen. Sepsis ist ein Notfall!Der bekannte rote Strich auf dem Arm ist übrigens kein notwendiges Anzeichen einer Sepsis. Er zeigt die Entzündung einer Lymphbahn an, die zu einer Sepsis führen kann. Er muss aber nicht zwingend bei einer Sepsis auftreten. Ganz im Gegenteil: Die meisten Sepsis-Patienten zeigen dieses Symptom nicht.

Wie kann man sich vor einer Sepsis schützen?

  • Hygienemaßnahmen, z.B. regelmäßiges und gründliches Waschen der Hände
  • erhöhte Aufmerksamkeit und ggf. ärztliche Behandlung bei Infektionen
  • korrekte Einnahme ärztlich verordneter Antibiotika und anderer Medikamente
  • konsequente Behandlung chronischer Krankheiten (z.B. der Lunge, Niere oder auch Diabetes)
  • sorgfältiger Umgang mit Wunden und auch Insektenstichen
  • gesunde Lebensweise (ausgewogene Ernährung und Bewegung)
  • Impfungen entsprechend der Impfempfehlungen der STIKO)

Hilfe für Betroffene und Angehörige

Betroffene und vor allem auch Angehörige von akut an Sepsis erkrankten Familienangehörigen erhalten umfangreiche Unterstützung und Beratung. Auch nach der Akutzeit, steht Ihnen das Team der Sepsis-Stiftung beratend zur Seite. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Seite der Sepsis-Stiftung.

Impfen als Vorbeugung?

Impfungen können unter Umständen eine schwerwiegende Infektion verhindern helfen. Bitte informieren Sie sich und sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Hausärztin über notwendige Impfungen. Wir empfehlen Ihnen sich auch über wichtige und notwendige Impfungen jedes Jahr zu informieren. Gute Informationen können Sie auf der Seite Impfen-Info (Informationsangebot des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) mit verlässlichen, fachlich fundierten und aktuellen Informationen) abrufen.

Sepsis-Checkliste

Sepsis MTK